Digitale Verwaltung in Niedersachsen voranbringen – modern, sicher und bürgerfreundlich!

Plenarrede von Maximilian Schmidt MdL im Niedersächsischen Landtag am 23. November 2015 zum TOP 23: „Digitale Verwaltung in Niedersachsen voranbringen – modern, sicher und bürgerfreundlich!“ – Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 17/6907

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits gestern in der Aktuellen Stunde über das Thema Digitalisierung diskutiert. Heute diskutieren wir dabei zu einem ganz konkreten Thema. Wir als Regierungsfraktionen bringen heute die Initiative „Digitale Verwaltung in Niedersachsen“ ein. Mit dieser Entschließung wollen wir erreichen, dass Niedersachsen Vorreiter bei der digitalen Verwaltung wird. Modern, sicher und bürgerfreundlich, so soll es werden.

Das heißt übrigens nicht etwa, dass Verwaltung heute pauschal unmodern oder gar unfreundlich wäre. Klar, jede oder jeder hat vielleicht schon einmal nervige Erfahrungen mit Verwaltung gemacht. Aber eines sage ich hier ganz deutlich: Ich halte nichts davon, jede Debatte über die Arbeit von Behörden mit pauschalen Meckereien zu beginnen. Im öffentlichen Dienst, in Behörden des Landes und der Kommunen, arbeiten Tausende Menschen mit ganzer Kraft für die Bürgerinnen und Bürger – offen, freundlich, gesprächsbereit und mit dem Blick auf Lösungen für ganz konkrete Probleme.

Genau hier setzt unsere Initiative an: Wie können wir im digitalen Zeitalter die Arbeit der Landesverwaltung in ihrer gesamten Breite noch moderner, bürgernäher und sicherer gestalten? – Genau hierfür bietet die Digitalisierung enorme Chancen. Moderne Verwaltungsarbeit bedeutet heute, dass Institutionen den Wandel zur Digitalisierung aktiv betreiben und leistungsfähige, zeitgemäße, sichere und bürgerfreundliche Services anbieten. Bürgerinnen, Bürger, Unternehmen und Organisationen erwarten, dass sie auch über das Internet – stationär und zunehmend vor allen Dingen mobil – mit Behörden kommunizieren können, um ihre Anliegen einfach und zugleich sicher zu erledigen. Dazu müssen amtliche Informationen und der Zugang zu einzelnen Behördenleistungen online verfügbar und dabei einfach und barrierefrei auffindbar sein. Benutzerfreundliche Onlinesysteme und hierzu passende Systeme und Strukturen in der Verwaltung müssen effizientere Verwaltungsverfahren und deren zügigere Bearbeitung ermöglichen.

Aber – auch das sage ich hier – die Digitalisierung birgt zahlreiche neue Risiken. Cyberangriffe finden überall statt, nicht nur auf Wirtschaftsunternehmen, sondern eben auch auf öffentliche Einrichtungen. Wir haben davon gelesen und gehört, dass keine Institution heutzutage verschont bleibt. Selbst Parlamente und Regierungen werden angegriffen. Zuletzt waren es auch Krankenhäuser, deren Systeme beeinträchtigt wurden und in der Weiterarbeit behindert wurden.

Diese Beispiele zeigen, dass digitale Infrastrukturen kritisch und verwundbar zugleich sind. Das gilt insbesondere für die neue Entwicklung des sogenannten „Internet of things“, des Internets der Dinge. Eine Vielzahl von Geräten in öffentlichen Infrastrukturen – Millionen gleichsam – sind zeitgleich online und leider nach wie vor schlecht abgesichert, sodass ihre gebündelte Rechenkraft auch für Zwecke genutzt werden kann, für die sie eigentlich nicht da ist, sogar für Zerstörung und für kriminelle Akte. So können gezielt öffentliche Einrichtungen oder sogar große Teile des Internets lahmgelegt werden.

Es gilt also, diese Gefahren frühzeitig zu erkennen und die entstehenden Risiken durch geeignete Gegenmaßnahmen zu verhindern. Hierzu muss gerade die öffentliche Verwaltung über entsprechende Schutzmechanismen verfügen und diese auch konsequent einsetzen. All das muss man berücksichtigen. Deshalb bringen wir heute hier eine umfassende Initiative ein, die neun Kernforderungen umfasst: Wir wollen erstens die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Arbeit der Landesverwaltung weiter zu digitalisieren und – das habe ich gesagt – bestmögliche Sicherheit in den IT-Infrastrukturen zu schaffen, damit Cyberangriffe nicht nur frühzeitig entdeckt, sondern auch verhindert und ihre Folgen beseitigt werden können.

Wir wollen zweitens die Kommunen dabei unterstützen, ein vergleichbares Sicherheitsniveau wie das Land zu etablieren. Es hilft nichts, wenn wir im Land eine bestimmte digitale Infrastruktur aufbauen und in den Kommunen eine andere haben. Das muss passgenau sein, und vor allen Dingen muss es Schnittstellen geben. Die Daten der Kommunen und der Landesbehörden müssen untereinander portabel sein.

Wir wollen drittens, dass Behördeninformationen im Internet so ausgebaut werden, dass zu allen Verwaltungsleistungen im Internet verständliche, verlässliche und vor allen Dingen aktuelle Informationen leicht auffindbar sind und dass diese barrierefrei und inklusiv abgerufen werden können. Es ist mir ganz besonders wichtig, das hier zu sagen. Wir haben in unserem Land viele Menschen, die mit Beeinträchtigungen leben – blinde oder gehörlose Menschen. Auch diese Menschen haben einen Anspruch darauf, diese Dienstleistungen im Internet barrierefrei abrufen zu können. Wir können nicht immer nur darüber nachdenken, ob Internetseiten schön aussehen. Sie müssen auch für alle Menschen erreichbar sein.

Meine Damen und Herren, wenn dies gewährleistet ist, muss, viertens, gelten: Jeder Bürgerin und jedem Bürger muss die Möglichkeit gegeben werden, über das Internet mit Behörden zu kommunizieren, die digitalen Dienste in Anspruch zu nehmen und Verwaltungsverfahren digital durchzuführen.

Dies führt, fünftens, dazu, dass wir – gerade auch in der Landesverwaltung – verständliche elektronische Formulare, Assistenzsysteme, elektronische Bezahlmöglichkeiten und vor allen Dingen einfachere Verfahren zur Vorlage von Nachweisen bereitstellen und so in allen Bereichen die digitale Antragstellung ermöglichen müssen. Damit es auch die FDP versteht, will ich gleich noch auf Ihre Frage eingehen, wo eigentlich die Behörden-App bleibt. Genau das ist damit gemeint, genau das wollen wir. Auch Apps können heutzutage eine wunderbare Lösung sein, um Verwaltungsdienstleistungen schnell und einfach auf mobilen Endgeräten anzubieten.

Sechstens wollen wir, dass auch innerhalb der Verwaltung Geschäftsprozesse medienbruchfrei gestaltet werden können und dass es die elektronische Aktenführung in allen geeigneten Bereichen gibt. Dazu gibt es in der Justiz übrigens ein Pilotprojekt, dort wird der elektronische Rechtsverkehr eingeführt. Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie es laufen kann. Ziel muss sein, dass wir nicht nur einen papierlosen Landtag haben. Den haben wir ja schon nahezu verwirklicht. – Einen papierarmen Landtag, ich korrigiere mich. Der Landtag ist ein gutes Beispiel, das man für viele Behördenvorgänge anführen kann.

Wir wollen siebtens, dass Geschäftsprozesse durch die Informationstechnik durchgängig – zum Nutzen aller Beteiligten – neu gestaltet werden können. Diese können schlanker und schneller ablaufen. Dadurch können Bearbeitungsschritte – z. B. durch die Entgegennahme und Verarbeitung elektronischer Rechnungen – künftig entfallen. Das ist zurzeit noch nicht der Fall.

Achtens ist uns Folgendes wichtig: Die Landesverwaltung hat nicht das eine Rechnersystem, das in allen Dienststellen angewandt wird. Nein. Auch in der Landesverwaltung – insbesondere in der Steuerverwaltung, der Bauverwaltung oder der Polizei – gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen EDV-gestützten Fachverfahren. Bei einer solchen digitalen Verwaltungsstrategie kommt es darauf an, dafür zu sorgen, dass diese Fachverfahren mit der gesamten zentralen Rechnerinfrastruktur zusammen verwendet werden können und – das sage ich ganz deutlich –, dass am Ende dabei kostengünstigere Verfahren herauskommen. Digitalisierung bedeutet auch, Geld sparen zu können. Das wollen wir natürlich auch.

Der neunte und letzte Punkt, meine Damen und Herren: All das gibt es nicht für lau, um das mal so lapidar zu sagen. Das Land Niedersachsen investiert schon jetzt – dazu sind wir im Haushaltsausschuss gesondert unterrichtet worden – rund 325 Millionen Euro jährlich in die IT-Infrastruktur. Die Landesregierung hat nach der Regierungsübernahme den zentralen IT-Betrieb ITN neu aufgestellt und dafür ganz neue Strukturen geschaffen – übrigens auch Strukturen, mit denen sich zum ersten Mal die Gesamtkosten – sowohl Sach- als auch Personalausgaben – transparent darstellen lassen. Das ist der richtige Weg. Ich sage aber auch hier deutlich: Wenn man digitale Verwaltung will, dann muss man dort auch investieren. Es kann nicht sein, dass man das nur einmal macht und die Verwaltung dann wieder zurückfällt. Eine moderne Verwaltung muss nach meiner Meinung auch im Bereich der IT bestmöglich ausgestattet werden. Das muss auch mit Geld hinterlegt werden.

Meine Damen und Herren, es gibt den schönen Satz: Wege entstehen dadurch, dass man sie geht. – Wir wissen nicht, wie unsere Gesellschaft in 20 oder 30 Jahren aussieht. Wir können aber heute dafür arbeiten, dass sie besser sein wird. Wir wissen, dass die Digitalisierung dabei eine entscheidende Rolle spielen wird. Diese Veränderung darf aber nicht dazu führen, dass wir in Zynismus und Zweifel verfallen. Im Gegenteil! Wir müssen die Chancen nutzen. Das Beste ist doch, wenn wir damit im Bereich der öffentlichen Verwaltungen hier bei uns in Niedersachsen vorangehen. Deshalb freuen wir uns auf die weiteren Beratungen in den beteiligten Ausschüssen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Schönen Dank!

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