15. Dezember 2023 | Meldung

SPD verleiht Willy-Brandt-Medaille an Dr. Rüdiger von Borcke

Maximilian Schmidt, Brundhild und Rüdiger von Borcke sowie Dörte Liebetruth (von links) beim 1. SPD-Suppen-Schmaus im Braugasthaus Mühlengrund in Wienhausen

Zum ersten „Suppen-Schmaus“ hatte die Celler Kreis-SPD am Freitagabend in das Braugasthaus Mühlengrund in Wienhausen eingeladen. Besonderes Highlight: Bei der Veranstaltung wurde Rüdiger von Borcke aus Eversen für seine politische Lebensleistung mit der Willy-Brandt-Medaille, der höchsten Auszeichnung der SPD, geehrt. Ein halbes Jahrhundert saß von Borcke ununterbrochen im Berger Stadtrat, zudem war er 30 Jahre Mitglied des Celler Kreistages. Im Beisein seiner Frau Brunhild nahm der 82-Jährige die Auszeichnung von Dr. Dörte Liebetruth, Generalsekretärin der SPD Niedersachsen, und Maximilian Schmidt, Vorsitzender der SPD im Landkreis Celle, entgegen.

Rede von Dr. Dörte Liebetruth, Generalsekretärin der SPD Niedersachsen
– es gilt das gesprochene Wort –

„Auf die kassenärztliche Vereinigung wird ja allenthalben geschimpft, wenn irgendwas mit der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum nicht funktioniert. Dabei dürfen wir Genossinnen und Genossen ihr eigentlich dankbar sein, schließlich hat sie uns irgendwie auch Dr. Rüdiger von Borcke beschert.

Es war nämlich so: Der Kassenarztsitz in Sülze wurde nach einem strengen Auswahlverfahren in Hannover im September 1949 an die damals 37-jährige Ärztin Dr. Herta von Borcke, Mutter von fünf Kindern, aus Halle vergeben. Damit begann eine über 50 Jahre andauernde Periode der von Borckes als Ärzte in Sülze, die bis zum 31. März 2000 angehalten hat.

In die Arztpraxis Dr. Herta von Borcke kamen von 6.00 Uhr früh bis nach Dunkelheit die Patientinnen und Patienten, sonntags wie alltags. Die extrem schwere Belastung mit Praxis und großer Familie führte in den 60er Jahren zu erheblichen Erkrankungen von Herta von Borcke. Es wurde daher eine rasche Praxisübernahme durch die Medizinstudierenden Editha und Rüdiger angestrebt, die nach dem Staatsexamen 1963 bzw. 1965 in der Praxis aushalfen. Schon in den 50er Jahren als Schüler hatten sie z.B. nachts bei schweren Verkehrsunfällen der Mutter Unterstützung geleistet.

Ein erheblicher Teil, besonders die bäuerliche Bevölkerung der Bauernhöfe, war damals nur sehr mäßig krankenversichert. Die spätere Landkrankenkasse (HLK) gab es noch nicht. Schon ab 1963 – als Famulus nach dem Physikum – begann der spätere Dr. Rüdiger von Borcke erste halbärztliche Mitarbeit in der Praxis, beispielsweise Hausbesuche bei Kranken, Blutdruckmessen und Injektionen. 1965 begann dann die echte ärztliche Vertretungstätigkeit als 24-jähriger junger Mann und 1969 wurde die Praxis Dr. Rüdiger von Borcke dann formal zugelassen.

Zu Tun gab es auch damals im Übermaß. Einzelarztsitz, kaum Vertretungsmöglichkeit, Dienst rund um die Uhr mit regelmäßigen schweren nächtlichen Einsätzen, das alles war normal. Viele schwere Verkehrsunfälle, z.T. PKW-Kollisionen mit der OHE mit vielen Sterbenden, Herzinfarkte, Koliken und tagsüber dann in Grippezeiten bis 150 Patienten zu versorgen. Aber auch das Versorgungsprogramm mit Krebsvorsorge für Frauen und Männer, die Kindervorsorgen und anfangs auch noch die Schwangerenvorsorgeuntersuchungen und nächtliche Geburtshilfe mussten geleistet werden und fast 90% der örtlichen Bevölkerung waren in der Sülzer Arztpraxis als Patientinnen und Patienten.

1972 kam eine Zäsur. Dr. von Borcke wurde aus der Praxis zur Bundeswehr zum Wehrdienst eingezogen. Es ergab sich eine monatelange Diskussion z.T. mit Presse und Bundespräsidialamt. Das Ergebnis blieb: Die Praxis musste mit Vertretungsärzten weitergeführt werden; eine schwere Belastung besonders für die Patienten, da oft nur tageweise Ärzte gewonnen konnten und daher insgesamt in diesem Jahr über 50 verschiedenen Ärzte einsprangen. 3.500 Menschen protestierten damals, dass sie nun ohne ihren Dr. von Borcke auch ohne medizinische Versorgung waren.

Vielleicht, nein ziemlich sicher, war genau das der Grundstein für das, was dann als politische Laufbahn für Rüdiger folgte: 1972, rund um die Willy-Wahl, ist er in die SPD eingetreten und gehört ihr seit nun 51 Jahren an. Und er war nicht nur einfach Mitglied der SPD, er engagierte sich sofort für die, die auch ansonsten verarztete: In diesem Jahr ist er nach 50 Jahren aus dem Stadtrat in Bergen ausgeschieden, dem er ein halbes Jahrhundert und damit 11 Wahlperioden ununterbrochen angehörte, er wurde aus diesem Anlass auch zum Ehrenbürger der Stadt ernannt.

Er war so auch 30 Jahre Mitglied im Celler Kreistag, stellvertretender Landrat und stellvertretender Bürgermeister und später Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Celle. Doch nicht nur das: Der ehrwürdige SPD-Bezirk Hannover führt ihn 1991 erstmals als Mitglied im Bezirksvorstand, Vorsitzender war damals ein gewisser Gerhard Schröder.

Bereits 1990 kandidierte er für den Niedersächsischen Landtag – mit seinem damaligen Gegenkandidaten von der CDU, Albrecht Heinemann, der kürzlich verstorben ist, verband ihn eine lange Freundschaft. Sie konnten sich sogar beide über das Wahlergebnis freuen: Heinemann gewann zwar den Wahlkreis für die CDU, die SPD aber die Niedersachsen-Wahl und damit die Mehrheit im Land.

Dass Dr. Peter Struck Bundestagsabgeordneter, Fraktionsvorsitzender und Verteidigungsminister geworden ist und Bernd Lange über einen Zeitraum von 30 Jahren dem Europäischen Parlament angehört, haben sie auch irgendwie Rüdiger von Borcke zu verdanken. Sie hatten sich nämlich vorher erst gegen Rüdiger von Borcke als innerparteilichen Mitbewerber durchsetzen müssen. Gebremst hat ihn das jedenfalls nicht, er war und blieb durch und durch Kommunalpolitiker für seine Mitmenschen.

Lieber Rüdiger, wir ehren Dich heute als herausragenden Sozialdemokraten für die SPD im Celler Land und weit darüber hinaus. Du hast im sicher gelegentlich pechschwarzen Landkreis Celle, insbesondere im Nordkreis, über Jahrzehnte die SPD-Fahne hochgehalten. Mit Deiner pragmatischen Kommunalpolitik hast Du Dich um Deine Mitmenschen unzählige Male verdient gemacht. Dafür wollen wir Dich, lieber Rüdiger, heute mit der höchsten Auszeichnung der Sozialdemokratie, der Willy-Brandt-Medaille, ehren.“

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