Ämter für regionale Landesentwicklung politisch neutral und ergebnisoffen evaluieren!

Plenarrede von Maximilian Schmidt MdL im Niedersächsischen Landtag am 15. September 2016 zum TOP 25: „Ämter für regionale Landesentwicklung politisch neutral und ergebnisoffen evaluieren!“ – Antrag der Fraktion der CDU – Drs. 17/6256

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, was ist der Kern Ihres hier vorgelegten Antrags? – Sie fordern ein Gutachten, weil Ihnen ein vorliegendes Gutachten nicht gefällt.

Offenkundig pflegen Sie persönlich eine ganz besondere Abneigung gegenüber Herrn Professor Bogumil, der als einer der versiertesten Verwaltungswissenschaftler in der Republik für die Landesregierung tätig war. Stattdessen wollen Sie Ihren alten Partner Herrn Professor Hesse wieder tätig werden lassen.

Wie man solch persönliche Motive so offenkundig in einer Landtagsentschließung verpacken kann, ist mir, ehrlich gesagt, gerade bei einem so erfahrenen Kollegen wie Ihnen schleierhaft.

Um es zu Beginn ganz deutlich zu sagen: Sie fordern in Ihrem Antrag ein weiteres Hesse-Gutachten. Dazu haben wir im Ausschuss schon ein klares Votum abgegeben. Kurz zusammengefasst lautet es: Es ist unnütz und wäre reine Geldverschwendung.

Das werden wir dem niedersächsischen Steuerzahler nicht zumuten. Diese eindeutige Haltung will ich hier erneut bestätigen und auch den Beweis führen, warum sich Ihre Praxis, Herr Schünemann, und diejenige unserer Landesregierung ganz enorm unterscheiden. Ich weiß, das wird Ihnen nicht gefallen. Es ist aber nötig.

Übrigens schönen Dank dafür, dass Sie an dieser Stelle Akteneinsicht gefordert haben! Ich habe mir die Akten durchgelesen. Dabei ist offenkundig geworden, wie sehr sich Ihre damalige und die heutige Landesregierung in Bezug auf gute Regierungsarbeit unterscheiden.

Was ist der Hintergrund? – Die jetzige Landesregierung führte in 2014 ein transparentes und nachvollziehbares Ausschreibungsverfahren durch. Das könnten Sie durch die Akteneinsicht vollständig nachvollziehen.

Was haben Sie in der Zeit für Ihren so präferierten Gutachter Professor Hesse getan? – 2005 gab es 150 000 Euro für Herrn Hesse für die Evaluation der Regierungsvertretungen. Ebenfalls 2005 erhielt er 133 000 Euro für ein weiteres Gutachten zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit.

Ebenfalls 2005 erhielt er für ein Gutachten zur Raumordnung und Landesplanung 20 000 Euro sowie für die Kommunalstrukturen in Niedersachsen 97 000 Euro, für die erste Fortschreibung dieses Gutachtens 45 000 Euro und für die zweite Fortschreibung 53 000 Euro. Das alles haben Sie gemacht, obwohl Sie einen eigenen, nach B 10 vergüteten Sonderstaatssekretär, Herrn Meyerding, in Ihrem Hause hatten. Er war vorher Präsident des Landesrechnungshofs. Alle diese Gutachten haben Sie ohne irgendeine Form der Angebotserkundung oder Ausschreibung völlig freihändig vergeben.

Wer Gutachten für über eine halbe Million Euro für seinen persönlichen Freund vergibt, der sollte hier nicht solche Anwürfe führen.

Meine Damen und Herren, eines ist deutlich geworden. Ich zitiere an dieser Stelle unseren Finanzminister, der hier an anderer Stelle schon gesagt hat: Wenn man auf dem Friedhof gräbt, muss man sich nicht wundern, wenn man auf Verwandte trifft.

Deswegen will ich Ihnen eine weitere im Rahmen der Akteneinsicht gewonnene Erkenntnis vorlesen. Der genannte Herr Professor Hesse hat in einem Schreiben an Herrn Minister Pistorius deutlich gemacht ‑ ich zitiere ‑: Sehr geehrter Herr Minister, lieber Herr Pistorius, wie ich Ihnen bereits berichtete, habe ich zwischenzeitlich alle mich aus Niedersachsen erreichenden Vortragseinladungen abgelehnt, weil ich mich mit den vorliegenden Untersuchungen zur niedersächsischen Landes- und Kommunalstruktur so etwas wie ausgeschrieben fühle und dieses Feld anderen überlassen möchte.

Um es zusammenzufassen, Herr Schünemann: Sie fordern ein Gutachten, das erstens niemand braucht, für das zweitens Ihr Wunschgutachter gar nicht zur Verfügung steht und das drittens Geld kostet, das wir nicht übrig haben. Was soll das?

Meine Damen und Herren, ich möchte es sehr deutlich sagen: Die Niedersächsische Landesregierung hat die Absage von Herrn Professor Hesse akzeptiert, und sie hat statt seiner Herrn Professor Bogumil zurate gezogen. Wenn Sie jetzt sagen, der sei nicht geeignet, dann finde ich das wirklich verleumderisch. Herr Professor Bogumil ist aufgrund seiner Expertise aktuell auch für andere Landesregierungen wie die von Baden-Württemberg, Brandenburg und Thüringen tätig. Zweifel an seiner Reputation sind nicht bekannt. Ganz im Gegenteil! Er gilt als national renommierter Experte im Bereich der Verwaltungswissenschaften.

Die zwischenzeitlich ‑ im Fortgang der Evaluation ‑ an die Kommunen verschickten Fragebögen wurden durch Rundschreiben der kommunalen Spitzenverbände begleitet. Es hat keinerlei kritische Hinweise gegeben, sondern über 60 % Rücklauf. Das zeigt doch die hohe Qualität der Befragung, die von Herrn Professor Bogumil eingeleitet wurde.

Herr Schünemann, eines ist bei dem jetzt vorliegenden Antrag und den Evaluationsergebnissen, die wir im Ausschuss kennengelernt haben, deutlich geworden: Ihnen geht es mit Ihrem Antrag doch gar nicht um das Evaluationsverfahren an und für sich. Ihnen geht es um Ihr überschaubares politisches Erbe, das Ihnen sichtbar wegbröselt.

Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion wissen, wohin Ihre verfehlte Asylpolitik geführt hat. Und nun steht auch noch die völlig willkürliche und in ihren Folgen verheerende Zerschlagung von Bündelungsbehörden im zweigrößten deutschen Flächenland in der Kritik.

Die Evaluation macht sehr deutlich, wohin diese verfehlte Politik geführt hat. Die Regionen Niedersachsens haben sich höchst unterschiedlich entwickelt. In diesem Schritt ist Ihnen übrigens kein anderes Bundesland gefolgt. Das muss Ihnen doch zu denken geben.

Wenn Sie in Ihrer Not auch noch skandalisieren wollen, dass sich die Regierungsfraktionen ernsthaft mit diesem wichtigen Thema beschäftigen und den Gutachter im Vorfeld einladen, Sie aber nicht, dann zeigt das doch noch, dass Sie gar kein Interesse daran haben, sich mit den Fehlern und Folgen Ihrer sogenannten Verwaltungsmodernisierung zu befassen.

Diese fehlende Einsicht, meine Damen und Herren, findet ihren deutlichsten Ausdruck in Ihrem heute zur Abstimmung stehenden Entschließungsantrag. Ich sage Ihnen eines ganz klar: Wir werden für Ihre politische Erblast auch in diesem Punkt nicht die Verantwortung übernehmen, sondern uns deutlich abgrenzen und Ihren Antrag ablehnen. Schönen Dank.

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