Entwurf eines Transparenzgesetzes für Niedersachsen

Plenarrede von Maximilian Schmidt MdL im Niedersächsischen Landtag am 17. Mai 2017 zum TOP 12: „Entwurf eines Transparenzgesetzes für Niedersachsen“ – Antrag der Landesregierung – Drs. 17/8004

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eingedenk des gerade Gesagten habe ich mir vorgenommen, jetzt eine Rede zum Thema zu halten. Ich möchte sie mit einem schönen Zitat beginnen, das von Günter Wallraff stammt: „Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie“. Genau das wollen wir als Regierungskoalition: der Demokratie mehr Luft zum Atmen geben. Ein Beitrag dazu ist der Entwurf eines Transparenzgesetzes für Niedersachsen, der hier heute auf der Tagesordnung steht.

„Jede Person und jede Vereinigung von Personen hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen“. So beginnt der erste Paragraf im ersten Artikel. Nach dieser Maßgabe richtet sich der gesamte Entwurf: Dem Anspruch auf Informationen soll ein gangbarer Weg geebnet werden.

Gleich zu Beginn will ich auch sagen: Dieses Gesetz ist kein Allheilmittel. Es ist vielleicht kein hinreichender, aber ein, wie ich meine, unbedingt notwendiger Schritt, um das Prinzip der Öffentlichkeit in der Staatspraxis in Niedersachsen ganz neu auszuprägen.

Zur Ehrlichkeit gehört eben auch: Wir sind ein bisschen spät dran. Die allermeisten Länder haben bereits eine entsprechende gesetzliche Grundlage. Manche verzichten aber auch bewusst darauf. So hat beispielsweise der bayrische CSU-Innenminister gesagt, dass die Herausgabe von amtlichen Informationen dazu führen könne, die Bürgerinnen und Bürger zu „überfordern“. Scheinbar macht sich Frau Lorberg genau diese Haltung zu eigen.

Da muss ich Ihnen sagen: Das ist schon einigermaßen absurd! Wenn wir eines wissen, dann ist es doch das: Nicht mehr Transparenz überfordert die Bürgerinnen und Bürger, sondern andauernde Intransparenz überfordert die Demokratie. Und das können wir nicht wollen!

Unsere Zeit verlangt nach neuen Antworten. Deshalb gehört das altbackene Prinzip des Amtsgeheimnisses, das über allem thront, auch wahrlich auf den Müllhaufen der Geschichte.

Mit dem Transparenzgesetz wird für das berechtigte Informationsbedürfnis von Bürgerinnen und Bürgern in Niedersachsen erstmals eine geregelte Grundlage geschaffen. Grundsätzlich gilt: Alles, was amtlich an Daten erhoben wird, ist öffentlich. Dieses Prinzip ist richtig, und es gilt nicht nur für die Verwaltung des Landes, sondern auch für die der Kommunen.

Ebenso gilt es für natürliche und juristische Personen des Privatrechts, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei der Kontrolle des Landes oder einer unter der Aufsicht des Landes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen. Das hört sich verdammt schwierig an, ist es aber eigentlich nicht. Es betrifft nämlich auch alle Institutionen, die quasi staatlich sind. Ich will das konkret machen: Es geht auch um öffentliche Unternehmen, so z. B. aus dem Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, die ihre Daten auf Anfrage offenlegen müssen. Ich finde, das ist gut und richtig so.

Meine Damen und Herren, es gibt aber auch gute Gründe, dass eine Reihe von Bereichen ausgeschlossen ist. Das sind nämlich all jene, in denen schutzwürdige Rechte betroffen sind. Nur damit das klar ist: Transparenz kann nicht unbegrenzt und für alles gelten. Von Immanuel Kant wissen wir: Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die des anderen beginnt. Das Recht auf Schutz der Privatsphäre, auf informationelle Selbstbestimmung, kann und darf nicht beschnitten werden. Kein Anspruch auf Transparenz kann den Anspruch auf richterliche Unabhängigkeit aushebeln. Kein Informationswunsch kann und darf das Steuergeheimnis, das Urheberrecht, Schutzrechte im Wirtschaftsleben oder gar die öffentliche Sicherheit beeinträchtigen. Und – das füge ich hinzu –: Kein Transparenzgesetz kann und darf die unabhängige Recherche von Medien beeinträchtigen.

Frau Lorberg, genau dafür ist meines Erachtens in dem Gesetzentwurf Sorge getragen worden. Man kann ja die Ausnahmen in dem Entwurf kritisieren, aber dann muss man auch genau begründen, warum man das kritisiert und wie man es denn anders und besser machen will. In der Güterabwägung zwischen dem Anspruch auf Transparenz der einen und den verbürgten Schutzrechten der anderen darf man vor allem eines nicht tun: Man darf nicht leichtfertig sein. Man kann nicht das eine Recht stärken und dabei ein anderes verletzen. Dann schadet man dem Recht in Summe.

Kurzum: Wir machen mit diesem Gesetzentwurf einen Anfang für mehr Transparenz in Niedersachsen – mehr Transparenz da, wo sie nötig, aber eben auch möglich ist. In den weiteren Beratungen werden wir uns eine Reihe von Details nochmals genau anschauen. Einige Beispiele will ich hier nennen: Wie sieht es beispielsweise mit dem Informationsregister aus? Bekommen wir es auf dieser Basis vielleicht hin, ein richtig gutes Open-Data-Portal für Niedersachsen zu starten? Ich persönlich halte das für notwendig.

Übrigens: Auch die Fragen von Bürokratie und Gebührenbemessung werden wir uns ganz genau anschauen müssen, ebenso die Ausnahmebereiche sowie insbesondere die Folgen für die Kommunen in Niedersachsen, die das Gesetz ja besonders betreffen wird. Wir wollen eben kein Bürokratiemonster, wie das manche nennen wollen, sondern ein Gesetz, das in der Ausführung handlich, praktisch und gut wird. Daran muss man eben arbeiten.

Deshalb darf ich zu guter Letzt auch ankündigen: Für dieses Gesetz gilt selbstredend auch das Strucksche Gesetz:. Das Gesetz kommt in den Landtag rein, wir beraten es hier, und man kann einigermaßen sicher sein, dass es dann noch besser wieder aus dem Landtag herauskommt.

Ich darf hinzufügen: Eine Regierung ist schlau, aber ein Parlament eben auch. Das ist übrigens das besonders Schöne am Parlamentarismus, den wir ja zu Beginn dieser Woche bereits gebührend gefeiert haben.

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