Den Bau preiswerter Wohnungen zügig vorantreiben – jetzt Steueranreize für Investoren schaffen!

Plenarrede von Maximilian Schmidt MdL im Niedersächsischen Landtag am 21. Januar 2016 zum TOP 25: „Den Bau preiswerter Wohnungen zügig vorantreiben – jetzt Steueranreize für Investoren schaffen!“ – Antrag der Fraktion der CDU, Drs. 17/4770

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lechner, Sie sind ja, glaube ich, der ideologische Rädelsführer der sogenannten Jungen Gruppe. Das hier war wirklich eine ideologische Glanzleistung. Wenn man in den Mittelpunkt seiner Rede zum Thema Wohnungsbau die These „Wir müssen an die Renditeerwartungen der Investoren heran“ stellt, dann hat man wirklich nichts verstanden! Wir müssen an den sozialen Wohnungsbau in diesem Land heran! Darum geht es.

Meine Damen und Herren, in allem Ernst: Wir haben in Niedersachsen eine große Herausforderung beim Thema Wohnungen, und zwar nicht erst seit dem Zuzug von Tausenden Flüchtlingen. Auch schon vorher war der Wohnraum vor allem in den Ballungsräumen knapp.

Herr Lechner hat das auch zitiert: Die Wohnungsmarktbeobachtung der NBank hat den drängenden Handlungsbedarf aufgezeigt. Wir wissen, dass trotz des Bevölkerungsrückgangs bis zum Jahr 2022 die Zahl der Haushalte um 100.000 wachsen wird. Bis 2020 werden wir 45.000 zusätzliche Geschosswohnungen brauchen. Die NBank konstatiert sogar einen Neubaubedarf von 282.000 Wohnungen für Niedersachsen bis 2035.

Niemand kann derzeit exakt abschätzen, welche Folge die Flüchtlingssituation ganz direkt auf den Wohnungsmarkt hat. Eine Orientierungshilfe kann aber vielleicht das gestern veröffentlichte Gutachten der Robert-Bosch-Stiftung sein. Dessen Kernaussage ist, dass die Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, schätzungsweise 60.000 bis 125.000 zusätzliche Wohnungen benötigen – und das nur im vergangenen Jahr.

Meine Damen und Herren, dabei geht es vor allem um bezahlbaren Wohnraum. Es geht um Sozialwohnungen. Deren Anzahl ist auch in Niedersachsen schon seit den 90er-Jahren massiv zurückgegangen – zuletzt auf 93.000. Seit Ende der 90er-Jahre sind über 30.000 Sozialwohnungen verloren gegangen.

Neben diesen reinen Zahlen, die den Bedarf eigentlich schon hinreichend kennzeichnen, will ich in dieser Debatte aber auch noch auf die viel grundsätzlichere Bedeutung dieses Themas aufmerksam machen. Wir hatten schon vor der aktuellen Flüchtlingssituation in den Ballungsräumen zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Jedem ist klar, dass sich diese Situation aufgrund des Zuzugs vieler Menschen jetzt akut verschärfen wird. Klar ist auch, was los wäre, wenn dieser Bedarf nicht erfüllt werden würde. Das birgt sozialen Sprengstoff und gefährdet dauerhaft die Friedfertigkeit unserer Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, wir können nicht wollen, dass Studierende, Menschen mit kleinen Einkommen und Flüchtlinge künftig auf dem Wohnungsmarkt konkurrieren müssen. Wir wollen keine Konkurrenz der Schwachen, sondern wir wollen Wohnraum für alle. Darauf kommt es an.

Meine Damen und Herren, deshalb ist das richtig, was wir seit dem Regierungsantritt in Niedersachsen gemacht haben, um hier die Trendwende zu schaffen: 400 Millionen Euro mehr Wohnraumförderung, 5.000 neue Wohnungen sollen so entstehen, Bereitstellung von zusätzlichen 6,5 Millionen Euro für studentisches Wohnen und weitere Maßnahmen wie – um sie nur kurz zu nennen – Ausweitung der Wohnraumförderung auf ländliche Räume, Wohngelderhöhung, Veränderung bei der Maklercourtage und Mietpreisbremse. Alles das wird dazu beitragen, dass es mehr bezahlbaren Wohnraum in Niedersachsen gibt.

Ja, es geht auch um zusätzliche Anreize für Investitionen. Die steuerliche Absetzbarkeit im Rahmen von Sonderabschreibungen ist zurzeit zwischen Bund und Ländern im Gespräch. Wir gehen auch davon aus, dass es dort zu Ergebnissen kommen wird. Allerdings muss eines klar sein: Die Direktförderung, also der soziale Wohnungsbau, ist wesentlich effektiver als die nachträgliche steuerliche Förderung.

Bei Letzterer gelingt es nämlich meist nicht, die Fördertatbestände exakt auf das Förderziel zu begrenzen. Es gelingt auch nicht immer, Mitnahmeeffekte vollkommen auszuschließen. Wir brauchen aber nicht nur irgendeinen Bau – wir brauchen Vorfahrt für den sozialen Wohnungsbau. Genau diese Definition nehmen Sie in Ihrem Antrag nicht vor. Sie sagen nicht exakt, welchen Wohnungsbau Sie wollen. Um es deutlich zu sagen: Aus Niedersachsen wird es kein Steuergeld für den Bau von Luxuswohnungen geben. Wir wollen den sozialen Wohnungsbau. Wir wollen den Wohnungsmarkt sanieren – und nicht die Bilanzen von Investoren.

Deshalb ist die von Bundesbauministerin Barbara Hendricks jetzt ebenfalls geforderte Verdopplung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf 2 Milliarden Euro auch richtig. Das wäre auch für uns in Niedersachsen ein ganz enormer Beitrag. Diese Mittel brauchen wir dringend. In Berlin lehnen Haushaltspolitiker von CDU und CSU das aber bisher ab.

Herr Lechner, da befinden Sie sich wirklich in bester Gesellschaft. Auch hier in Niedersachsen tun Sie nichts für den sozialen Wohnungsbau und fordern stattdessen einseitig Steuersenkungen. Aber es kommt noch besser. Wie Sie wissen, laufen zurzeit die Verhandlungen. Da muss es uns in Niedersachsen doch darum gehen, im Landesinteresse auch finanziell am meisten herauszuholen. In Ihrem Antrag fordern Sie aber genau das Gegenteil. Sie schreiben darin, dass das Land Niedersachsen auf Kompensationsmittel vom Bund verzichten soll. Das muss man sich einmal vorstellen! Herr Lechner, Sie wollen hier beschließen lassen, dass das Land in Berlin nicht einmal verhandeln darf. Eine solch unpatriotische Einstellung hätte ich von Ihnen gar nicht erwartet.

Noch etwas ist ganz ungewöhnlich. Sie haben reichlich Zahlen genannt und haben hier auch reichlich etwas vorgerechnet. Eine Zahl haben Sie aber ausdrücklich nicht genannt, nämlich was das den niedersächsischen Landeshaushalt kosten würde. Deswegen muss man es auch besonders bewerten, dass Sie diesen Antrag jetzt bringen und ihn nicht im Dezember bei den Haushaltsberatungen gebracht haben. Dort hätten Sie diese Einnahmeausfälle nämlich auch einpreisen müssen. Hier ist aber keine Hausnummer zum Haushalt vorhanden. Da haben Sie keine Zahl genannt.

Deswegen ist Ihr Vorschlag so, wie er hier vorliegt, unsolide, er ist unseriös, und er kann nicht im Interesse Niedersachsens in den laufenden Verhandlungen sein. Daher werden wir ihn ablehnen. Wir werden stattdessen mit einer Politik weitermachen, die auf den sozialen Wohnungsbau setzt und die auf direkte Investitionen setzt, bei denen am Ende wirklich bezahlbarer Wohnraum herauskommt. Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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